Veröffentlicht am: 10.07.2019 | Author: Julius Hagen
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Energetik-Mythen unter der Lupe

Sparen von Energie, Schützen der Umwelt, Verringerung von Verbräuchen. Diese drei Punkte betreffen heute jeden Hausbesitzer. Ganz gleich, ob es brandneu ist oder sich um einen Altbau handelt.

Allerdings hat gerade der Umfang dieses Themas auch dafür gesorgt, dass eine veritable Menge an Mythen und Halbwahrheiten rings um das Thema Energetik kursieren. Die größten davon samt ihrer Richtigstellung wurden deshalb für den folgenden Artikel zusammengetragen.

Eine Fassadendämmung ist beim Kauf
eines Bestandsgebäudes immer Pflicht

Dieser Mythos scheint der mit der tiefsten Durchdringung zu sein. Denn er wird in zahllosen Foren, Facebook-Seiten etc. immer wieder durchdiskutiert.

Dabei ist die Sachlage relativ einfach:

Nein, es gibt keine generelle Pflicht für eine Fassadendämmung.

Hier kennt §9 der nach wie vor gültigen 2014er EnEV (die Überarbeitung 2016 änderte hieran nichts) die in Fachkreisen sogenannte 10-Prozent-Regel.

Vereinfacht ausgedrückt: Eine Fassadendämmung wird erst dann zur Pflicht, wenn mehr als zehn Prozent der Fassadenfläche erneuert werden. Konkret bezieht sich dies nicht auf Neuanstriche oder Überputzen, sondern Abtragen des Altputzes und Auftragen eines Neuen.

Erst wenn auf diese Weise mehr als zehn Prozent erneuert werden, wird eine Dämmung zur Pflicht.

Bei Fenstern sollte man immer den bestmöglichen Uw-Wert anstreben

Ein Fenster ist, simpel ausgedrückt, große Öffnungen in einer ansonsten verschlossenen Fassade. Und vor allem Sanierer, die ohne fachliche Begleitung operieren, tendieren häufig dazu, diejenigen Fenster zu kaufen, die den geringstmöglichen Uw-Wert aufweisen.

Tatsächlich ist das jedoch die falsche Vorgehensweise. Nicht umsonst bietet der Profi fensterhandel.de abgestufte Uw-Werte an. Denn Fenster sind immer nur ein Teil eines großen Ganzen, in diesem Fall der Gebäudehülle.

Wer sie isoliert betrachtet, nur nach einem niedrigen Uw-Wert geht, ignoriert, dass der Rest seiner Fassade mitunter (und ohne Dämmung höchstwahrscheinlich) auf schlechtere Werte kommt.

Die Folge: Werden enorm gut dämmende Fenster in eine schlecht dämmende Fassade verbaut, entsteht ein energetischer Schiefhang, der dazu führen kann, dass sich Feuchtigkeit am Übergang zu schlechter gedämmten Flächen niederschlägt.

Viel mehr sollte gelten:

Alle U-Werte sollten bestmöglich aneinander angeglichen werden

Weshalb es gerade bei Altbauten sinnvoll ist, Fenster zusammen mit einer Fassadendämmung zu installieren.

Energetische Sanierung kann nach und nach durchgeführt werden

schimmelbildung im haushalt
Energetische Stückwerk-Sanierung ist einer der bedeutsamsten Auslöser für Schimmelprobleme.

In die gleiche Kerbe schlägt auch der nächste Punkt. Hinter ihm steht die Tatsache, dass die vollständige energetische Sanierung eines Gebäudes mit Dach, Fenstern, Außentüren, Fassade und Keller nicht nur eine umfangreiche Arbeit darstellt, sondern auch einen Kostenfaktor.

Manche Altbauherrn denken, es wäre sinnvoll, hier die Kostenschere anzusetzen. Etwa, indem sie zunächst nur den Innenraum auf Vordermann bringen, bereits hoch gedämmte Fenster und eine Dachstuhldämmung integrieren, aber für die Fassade warten,
bis wieder genügend Geld angespart wurde.

Auch das ist falsch, abermals gilt:

Dämmung muss immer eine Einheit darstellen. Daher sollte sie auch immer nach der Maxime „Ganz oder gar nicht“ installiert werden. Stückwerk führt nur zu Problemen.

Es bedeutet nicht, gleich nach dem Kauf alles durchführen zu lassen. Nur, dass man alles in einem Aufwasch installiert.

Fassadendämmung amortisiert sich erst nach mehr als einem halben Menschenleben

Die Dämmung einer Fassade mit dem gerne gewählten Wärmedämmverbundsystem (WDVS) kostet je nach gewähltem Dämmstoff zwischen ca. 70 und 200 Euro pro Quadratmeter. In Anbetracht dessen, dass ein durchschnittliches Einfamilienhaus eine Fassadenfläche von 120 Quadratmetern aufweist, eine erkleckliche Summe.

Dieser Mythos wird auch deswegen stark befeuert, weil selbst bekannte und große Zeitungen den Tenor vertreten, dass eine Dämmung sich erst nach über einem halben Jahrhundert amortisieren würde.  Nicht selten fallen auch populistische Begriffe wie „Dämm-Wahn“.

Wird jedoch die Dämmung konsequent durchgerechnet, sieht es tatsächlich gänzlich anders aus: Nach 25 Jahren hat man seine Ausgaben wieder eingespielt. Zum Vergleich, das ist in etwa so lange, wie die Deutschen sowieso eine erworbene Immobilie abtragen.

Anders ausgedrückt, ist das Haus abbezahlt, trägt sich auch die Fassadendämmung. Und schon vom allerersten Tag an reduziert sie konsequent den Heizenergieverbrauch und somit die monatlichen Kosten.

Dämmungen sind der Grund für Schimmel im Haus

So, wie sich Luftfeuchtigkeit an einem kalten Glas niederschlägt, verhält es sich im Winter auch mit ungedämmten Wänden. Bester Nährboden für Schimmel.

Auch hierbei handelt es sich um einen enorm weit verbreiteten Mythos. Viele Menschen glauben, dass eine Dämmung ein zuvor „atmungsaktives“ Haus regelrecht luftdicht einpacke. Als Folge davon würde die Luftfeuchtigkeit im Haus so stark ansteigen, dass Schimmel entstehen würde.

Dass Luftfeuchtigkeit mit Schimmel im Zusammenhang steht, stimmt voll und ganz. Der große Rest der Ansicht fußt jedoch auf völlig falschen Grundannahmen. Tatsächlich sieht es folgendermaßen aus:

  1. Schimmel wächst bereits ab einer Luftfeuchtigkeit von 60 %. Ein mehr als moderater Wert, der auch in ungedämmten Bauten oft vorherrscht.
  2. Schimmel gedeiht NICHT durch Luftfeuchtigkeit per se. Er entsteht erst, wenn diese Luftfeuchtigkeit an einer Oberfläche kondensiert.
  3. Luftfeuchtigkeit kondensiert primär dort, wo in einem warmen Raum eine durch direkten Kontakt mit der Außenwelt kalte Oberfläche vorhanden ist.

Es ist der gleiche Effekt, der sich beobachten lässt, wenn man an einem heißen Tag eine kalte Getränkedose aus dem Kühlschrank nimmt. Es bilden sich sofort Tropfen.

Dort, wo Wände gedämmt werden, sind sie signifikant wärmer als zuvor. Je wärmer sie trotz kühler Außentemperaturen sind, desto schlechter kann sich darauf Feuchtigkeit niederschlagen. Der Mythos resultiert vor allem daraus, dass viele Altbauten ungelöste Grund-Feuchtigkeitsprobleme haben. Der Dämmung wird der „Schwarze Peter“ zugeschoben, obwohl sie das Gegenteil erwirkt.

Energetische Sanierungen vernichten historisch wertvolle Bausubstanz

Dieser finale Mythos ist nicht nur falsch, sondern fußt auch auf einer nachgerade ziemlich ignoranten Denkweise.

Viele glauben, „der Staat“ würde durch seinen „Zwang zum Dämmen“ auch dafür sorgen, dass alte Fachwerke, regional bedeutsame Fassaden und alle möglichen anderen Baustile durch die Dämmung zur identitätslosen Einheitsware würden.

Tatsächlich ist das sogar eine sträfliche Fehlbehauptung: Gerade historisch wertvolle Gebäude sind als einzige von den allermeisten energetischen Maßnahmen ausgenommen. Wer das nicht glauben mag, kann sich die Vorgaben seines jeweiligen Landes-Denkmalschutzamtes ansehen.

Vereinfacht ausgedrückt darf man an denkmalgeschützten Gebäuden gar nichts verändern, was ihren historischen Charakter beeinflussen könnte – just das ist ja für so viele Besitzer das Problem, weil es dadurch sehr teuer und aufwendig wird, diese Gebäude auf ein halbwegs akzeptables energetisches Niveau zu bringen.

Und was ist mit alten, historisch wertvollen Gebäuden, die nicht auf der Denkmalschutzliste stehen? Ganz einfach: Auch hier gilt die zehn-Prozent-Regel. Und selbst wenn man diese überschreitet, gibt es im Zweifelsfall auch immer noch andere Optionen, etwa eine Innenwanddämmung.

Nur eines gilt:

Es wird kein historisch wertvolles Gebäude „verschandelt“, weil der Staat zum Einhalten von energetischen Maßnahmen zwingt. Für alles gibt es Abkürzungen, Alternativlösungen und Ersatz.

Und weiter gilt auch:

Energetische Sanierungen sind niemals überflüssig. Als absolutes Mindestmaß sorgen sie durch einen reduzierten Energiebedarf immer für mehr Umweltschutz.

Bildquellen:
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