Grundsatz der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme

Nachbarn kann man sich nicht unbedingt aussuchen. Nachbarn müssen aufeinander Rücksicht nehmen. Auch im Nachbarschaftsrecht urteilt die Rechtsprechung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Danach hat jeder Nachbar in Ausübung seiner Rechte und in Erfüllung seiner Pflichten so zu handeln, dass er auch die Interessen des Nachbarn einbezieht. Der Bundesgerichtshof hat durch eine Vielzahl von Urteilen die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn ausformuliert und die Nachbarrechtsvorschriften der §§ 905 ff BGB sowie die Nachbarrechtsgesetze der Bundesländer konkretisiert und ergänzt. Grundlage aller nachbarrechtlichen Vorschriften ist damit letztlich der Grundsatz der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme.

Er kommt vornehmlich dann zur Anwendung, wenn gesetzliche Regelungen fehlen oder wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich widerstreitender Interessen geboten erscheint. Unter diesen Voraussetzungen kann die Auslegung eines an sich bestehenden Rechts unzulässig oder der Anspruch auf Duldung eines sonst nicht zu duldenden Verhaltens begründet sein (BGH NJW-RR 2008, 610).

Nachbarschaftliche Rücksichtnahme ist oberstes Gebot

Typisches Beispiel ist der Besuch des eigenen Grundstücks durch streunende Katzen des Nachbarn. Da hierfür gesetzliche Vorschriften fehlen, urteilen die Gerichte danach, was die nachbarschaftliche Rücksichtnahme nach Treu und Glauben gebietet. So ist davon auszugehen, dass es zumindest in Vorstadtvierteln mit Grünanlagen üblich ist, wenn streunende Katzen fremde Grundstücke betreten. Wollte man dieses verbieten, könnte ein einziger Nachbar über die Katzenhaltung aller Nachbarn in einem Wohnviertel entscheiden.

Oder in einem Fall des Amtsgerichts München hatte ein Nachbar sein Grundstück durch einen Stacheldrahtzaun abgegrenzt. Er musste den Zaun beseitigen, da der Zaun mit seinem „aggressiven und feindseligen Charakter gegen die Grundsätze eines normalen zwischenmenschlichen Umgangs verstoße“ (Az. 173 C 23153/06). Umgekehrt entschied das Verwaltungsgericht Berlin (Az. VG 13 K 122/16), dass ein blickdichter, 1,70 Meter hoher Metallzaun mit Kunststofflamellen nicht gegen das Verunstaltungsverbot verstoße und allenfalls eine den Geschmackssinn verletzende Hässlichkeit darstelle.

Nicht zuletzt ist nachbarschaftliche Rücksichtnahme ein Gebot des gesunden Menschenverstands. Wer in seinem Garten grillt, übt eine sozial adäquate Tätigkeit aus. Nachbarn müssen die damit einhergehende Belästigung akzeptieren. Erst wenn die Grillaktivitäten zu unzumutbaren Belästigungen führen, weil beispielsweise der Rauch ins Schlafzimmer zieht, wird das Rücksichtnahmegebot überstrapaziert. Letztlich erfordert das nachbarschaftliche Miteinanderauskommen ein gegenseitiges Nehmen und Geben. Ohne Kompromisse geht es nicht.

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