Deutschland im Allgemeinen und Berlin im Besonderen sind vergleichsweise dicht besiedelt. Wo viele Menschen auf relativ engem Raum leben, muss es Regularien geben. Das betrifft besonders Immobilienbesitzer. Denn selbst, wenn man als Eigentümer im Grundbuch steht, sämtliche Schulden abgetragen wurden, dürfen sich Immobilienbesitzer in ihrem Haus und auf dem Grundstück doch nicht so entfalten, wie in anderen Ländern. Wir zeigen nun die wichtigsten Felder, in denen Entfaltung möglich ist und auch, wo und warum staatlicherseits reguliert wird.
Frei: Innenraumdesign
Fangen wir dazu mit einem besonders großen „Frei“-Raum an, dem Inneren einer Immobilie. Hier gibt es prinzipiell nichts, was der Staat vorschreibt. Mit einem kleinen Passus, die Anzahl und Lage von Installationen, etwa Steckdosen, Lichtschaltern usw., wird für jeden Raum durch Normen und die sogenannten Installationszonen festgeschrieben. Wie die Schalter jedoch aussehen, ob schwarzes Bakelit oder weißer Kunststoff, bleibt dem Immobilienbesitzer ebenso freigestellt wie die Optik von allem anderen, was sich innerhalb von Dachgeschoss und Kellerboden befindet.
Eingeschränkt: Fassadenfarbe
Im Innenraum ist es vollkommen legitim, seine Küche im Farbton „Pistazie“ zu streichen, die Diele in einem Lachs-Ton zu halten und das Wohnzimmer in Mattschwarz. Würde ein Immobilienbesitzer jedoch die gleiche freie Farbwahl an seiner Außenfassade demonstrieren, bekäme er früher oder später wahrscheinlich Post vom Bauamt, mit der Aufforderung, den farbigen Zustand unter Strafandrohung abzuändern.
Hintergrund ist der Bebauungsplan, der im Verlauf dieses Artikels noch mehrere Male erwähnt werden wird. Er ist die offizielle Festlegung für den Charakter eines Baugebietes und es steht jeder Kommune frei, ihn restriktiv oder liberal aufzustellen. Beispielsweise wäre es möglich, dass Kommune A nur grundlegende Vorgaben macht, etwa:
- Baulinie
- Firstrichtungen
- Stockwerkzahl
- Art der Nutzung
Ebenso wäre es möglich und wird auch von vielen Kommunen so praktiziert, viel restriktiver zu sein. Etwa, indem nur ein bestimmtes Spektrum von zwei, drei Fassadenfarben und Schattierungen davon gestattet wird. Der Grund dahinter ist das rechtlich einwandfreie Ermöglichen eines einheitlichen, harmonischen Bildes eines Baugebiets.
Übrigens gilt dies auch für Bestandsbauten, weshalb hier vor einem Neuanstrich in jedem Fall der Bebauungsplan zu konsultieren ist.
Frei: Garteneinrichtung
Der Garten gehört zwar zum Außenbereich und ist deshalb nicht frei von Restriktionen, wie noch zu lesen sein wird. Allerdings finden diese Einschränkungen ein klares Ende dort, wo nicht die Rechte anderer eingeschränkt werden. Der Immobilienbesitzer kann also alle Register der Einrichtung im Grünen ziehen, darf Terrassenmöbel in Anzahl, Form und Material nach seinem Gusto ebenso frei auswählen wie er nicht dauerhafte Bauten, etwa Pavillons, Strandkörbe, Sonnensegel und dergleichen, errichten darf.
Ferner erstreckt sich diese Freiheit (in Grenzen, siehe nächstes Kapitel) auch auf die Ausgestaltung des Gartens. Ob eine große Rasenfläche, japanischer Stil oder auch nur Gemüsebeete zur Eigenversorgung, die Gartenarchitektur bestimmt der Immobilienbesitzer beinahe ausschließlich alleine.
Eingeschränkt: Grenzbepflanzung
Allerdings findet die gartengestalterische Freiheit ihre Grenzen, wo das Nachbarschafsrecht berührt wird. Für Berlin ist das §27 ff, die Abstände der Grenzbepflanzung. So müssen stark wachsende Bäume, etwa Linde oder Walnuss, mindestens drei Meter Abstand zur Grundstücksgrenze halten. Für Sträucher sind es immerhin noch 50 Zentimeter.
Ähnlich sieht es auch bei Hecken aus, wobei hier, ähnlich zu den vorherigen Gewächsen, ebenfalls die Höhe eine Rolle spielt: Hecken bis zu zwei Metern Höhe müssen einen halben Meter von der Grenze entfernt bleiben, jenseits dieser Höhe ist ein Meter einzuhalten.
Die Abstandsmessung erfolgt dabei von der Mitte des jeweiligen Stamms bzw. Strauchs gemessen, wodurch in der Praxis die Abstände geringer ausfallen können.
Frei: Raumnutzung
In jedem Bauplan eines Hauses werden den einzelnen Räumen bereits spätere Funktionen zugewiesen, etwa Schlafzimmer, Wohnzimmer usw. Viele Immobilienbesitzer wissen es zwar nicht, aber selbst, wenn diese Pläne von höchster Stelle abgesegnet werden müssen, ist die Nutzung eines Raumes, sofern man sich im Bereich der erlaubten Nutzungsart bewegt, absolut frei.
Das bedeutet, es ist vollkommen legal, die bisherige Küche in ein Badezimmer umzubauen, das Schlaf- in ein Wohnzimmer usw. Das ist keine Umwidmung im rechtlichen Sinne, denn Wohnraum bleibt in diesem Fall weiterhin Wohnraum.
Eingeschränkt: Umwidmung von Räumen
Völlig anders sieht es allerdings aus, wenn ein Raum auf dem Grundstück prinzipiell umgewidmet wird. Das ist dann gegeben, wenn etwa Raum in einem Nichtwohngebäude zu Wohnräumen umgestaltet werden soll. Ganz lapidar: Eine Garage wird zu einem Home-Office-Büro umgewandelt. Eine solche gravierende Nutzungsänderung muss zumindest zuvor von der Baubehörde genehmigt werden; kann je nach Lage aber auch mit dem Nachbarschaftsrecht kollidieren.
Für Berlin gilt zudem noch ein weiterreichendes Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum, welches hier dazu dienen soll, die bestehende Wohnraumknappheit nicht noch durch private Vermietung von Ferienwohnungen und dergleichen zu verschärfen. Darin ist unter anderem enthalten, dass Raum, der zuvor als Wohnraum deklariert war, nicht mehr umgewidmet werden kann. Ein zu großes Wohnzimmer dürfte also beispielsweise nicht abgeteilt und die freiwerdende Hälfte in eine Waschküche umgewandelt werden.
Frei: Anbieterwahl
Zwar gibt es in jeder deutschen Kommune einen Anschluss- und Benutzungszwang. Dieser beschränkt sich jedoch nur auf kommunalrechtliche Einrichtungen. Für den privaten Immobilienbesitzer von Bedeutung sind das Wasserversorgung und Abwasserversorgung sowie Abfallentsorgung (weiterreichende Gesetze betreffen nur Gewerbetreibende).
Alles, was jedoch darüber hinausgeht, etwa Strom oder Gas, ist vollkommen frei. Sowohl, was die Nutzung an sich anbelangt, rein theoretisch wäre es rechtlich möglich, ein Haus ohne Stromanschluss zu bauen, wie auch die Wahl des Anbieters. Letzteres ist der Liberalisierung des Versorgermarktes zu verdanken und legt die Wahlfreiheit vollkommen in einen privatrechtlichen Rahmen.
Eingeschränkt: Dach
Form und Ausrichtung des Daches, Art und Farbe der Eindeckung. Mit diesen vier Punkten lässt sich die charakterliche Gestaltung einer Immobilie von außen enorm beeinflussen, weshalb es auch nicht verwundern sollte, dass dieses Areal eines Gebäudes wie schon die Fassadenfarbe den Einschränkungen des Bebauungsplanes unterliegen kann; wenngleich viele Kommunen häufig nur bei der Dachform Vorgaben machen (bspw. ausschließlich Satteldächer).
Frei: Beheizung
Es gibt Kommunen in Deutschland, bei denen unterliegt das Beheizen eines Gebäudes dem Anschluss- und Benutzungszwang. Das ist aber ausschließlich dort von Belang, wo es Fernwärmeeinrichtungen gibt, darunter auch in Teilen Berlins.
Darüber hinaus steht es Immobilienbesitzern prinzipiell frei, in welcher Form sie das Gebäude beheizen möchten. De jure sind hier sämtliche legalen Mittel erlaubt, wenngleich Neubauten natürlich den Vorgaben des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG) unterliegen. Dies schreibt eine zumindest anteilige Nutzung erneuerbarer Energien zur Beheizung einer Immobilie fest; wenngleich diese Pflicht auch schon durch Nutzung von Abwärme realisiert werden kann.
Eingeschränkt: Persönliches Verhalten
Innerhalb einer Immobilie darf sich der Besitzer, abgesehen von Lärmbelästigungen, so frei entfalten, wie er es persönlich für richtig erachtet. Das gilt sogar weitestgehend auch für Mieter. Im Außenbereich liegt die Sachlage jedoch etwas anders. So kann es beispielsweise durchaus (es entscheidet der Einzelfall) klagewürdig sein, wenn sich ein Immobilienbesitzer im Garten unter den Blicken der Nachbarn zu freizügig zeigt, was die Bekleidung anbelangt.
Doch diese Verhaltensregeln gehen auch in andere Bereiche. So ist in ganz Berlin seit Jahrzehnten das Verbrennen von Gartenabfällen und ähnliche „Lagerfeuer“ ebenso verboten, wie es nicht gestattet ist, Kameras so zu montieren, dass sie öffentliche Bereiche oder fremdes Eigentum einsehen. Das gilt übrigens auch für den Fall, dass es sich nur um Attrappen von Kameras handelt.
Ferner gilt auch auf dem eigenen Grundstück die berühmte „Schöneberger Grill-Einschränkung“. Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg sprach 2007 ein recht denkwürdiges Urteil, bei dem die Richter befanden, dass Grillen nur 25 Mal pro Jahr für jeweils zirka zwei Stunden zulässig sei. Wer häufiger und/oder länger grillt und seine Nachbarn dadurch stört, kann von diesen deshalb verklagt werden.
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit der externen Redakteurin Tonya Haubrich.
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