Grenzverwirrung bedeutet, dass der Grenzverlauf zwischen zwei Grundstücken unklar und deshalb unter Nachbarn oft streitig ist. Ausgangspunkt ist § 903 BGB: Danach kann ein Eigentümer mit seinem Grundstück verfahren, wie er will und Nachbarn von jeglicher Einwirkung ausschließen. Beanspruchen zwei Grundstückseigentümer gleichzeitig eine Grundstücksfläche, weil jeder behauptet, die Fläche liege auf seinem Grundstück, liegt eine „Grenzverwirrung“ vor. Das Problem versucht das Gesetz in § 920 BGB zu regeln. Das Bürgerliche Gesetzbuch legt besonderen Wert auf die exakte Feststellung des Grenzverlaufs und regelt in einer ganzen Reihe von Vorschriften potentielle Problemfälle. Früher waren Grundstücksgrenzen durch Mauern, Gräben, Wasserläufe oder Zäune gekennzeichnet. Heute sind Grundstücksgrenzen vermessungstechnisch festgelegte Linien, die ein Grundstück von einem anderen Grundstück abgrenzen.
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Grenzverwirrung – Beispiel
Typisches Beispiel (nach BGH Az. V ZR 11/05): Nachbar A streitet mit Nachbar B über den Grenzverlauf. A beruft sich auf eine seit 1848 bestehende Mauer- und Zaungrenze. B behauptet, die Grenze bestimme sich nach der seit 1865 aus steuerlichen Gründen vom Staat veranlassten Festlegung des Grenzverlaufs im Liegenschaftskataster. Außerdem habe er das Grundstück 1998 gekauft. Im Kaufvertrag sei das Grundstück katastermäßig beschrieben, sodass der Inhalt des Liegenschaftskatasters maßgebend sei. Der BGH entschied den Fall danach, dass das Liegenschaftskataster amtlich den Grenzverlauf festgestellt habe. Diese rechtliche Grenzziehung sei gegenüber der faktischen Grenze (Mauer) vorrangig. Hätte es kein Liegenschaftskataster gegeben, wäre der Streit im Hinblick auf § 920 BGB danach zu entscheiden, dass für die Abgrenzung der Grundstücke der Besitzstand maßgebend ist. Nur in Fällen, in denen der Besitzstand nicht festgestellt werden kann, wäre jedem der Grundstücke ein gleich großes Stück der streitigen Fläche zuzuteilen (§ 920 S. 2 BGB).
Bei der Grenzverwirrung handelt sich zunächst um eine Patt-Situation. Jeder Nachbar glaubt im Recht zu sein, kann aber sein Eigentum nicht zuverlässig nachweisen. Lässt sich auch anhand des Liegenschaftskatasters oder durch eine von einem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur vorgenommene Grenzvermessung keine Grenze nachvollziehen, müsste sich ein Gericht am Besitzstand orientieren. Der Besitzstand bestimmt sich danach, wer von den beiden Nachbarn die streitige Grundstücksfläche bisher tatsächlich genutzt hat.
Können sich die Nachbarn nicht verständigen, muss eine Grenzscheidungsklage den Grenzverlauf im Hinblick auf den Besitzstand bestimmen und die Grenzverwirrung beseitigen. Einigen sich die Nachbarn, können Sie Ihren Grenzverlauf auch durch einen Grenzfeststellungsvertrag bereinigen. Der Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung, soweit Eigentumsflächen übertragen werden. Ist der Grenzverlauf klar, kann der Eigentümer die Grenzabmarkung durchführen (§ 919 BGB). Grenzabmarkung bedeutet, dass die Grenze durch Grenzsteine oder sonstige Kennzeichen kenntlich gemacht wird.