Veröffentlicht am: 24.10.2017 | Author: Julius Hagen
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Notwegerecht über das Nachbargrundstück

Als Eigentümer eines Grundstücks benötigen Sie eine Anbindung an eine öffentliche Straße. Ohne einen solchen Zugang können Sie Ihr Grundstück faktisch nicht erreichen, es sei denn, Sie überqueren ein angrenzendes Nachbargrundstück. Erlaubt der Nachbar nicht einvernehmlich, dass Sie seine Fläche mitbenutzen um zu Ihrem Grundstück zu gelangen, haben Sie als Eigentümer ein Problem. Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt daher in § 917 BGB das Notwegerecht. Wir als Ihre Immobilienexperten aus Berlin informieren Sie gerne über die Details.

Das Notwegerecht gilt nicht nur für Grundstückseigentümer, sondern auch für die Inhaber grundstücksgleicher Rechte. Das Notwegerecht ist darüber hinaus deutlich vom dinglich im Grundbuch gesicherten Geh- Fahr- und Leitungsrecht abzugrenzen. Solche Grunddienstbarkeiten kommen durch Einigung der beteiligten Eigentümer und Eintragung ins Grundbuch zustande.

Was ist ein Notwegerecht?

Fehlt einem Grundeigentum die Verbindung zu einer öffentlichen Straße, so dass dessen Eigentümer das Grundstück nicht ordnungsgemäß nutzen kann, kann der Eigentümer des Grundstücks ein Notwegerecht vom Nachbargrundstückseigentümer verlangen. Sind Sie Eigentümer eines solchen Grundstücks, können Sie von Ihrem Nachbarn verlangen, dass er die Benutzung seines Grundstücks duldet, damit Sie über sein Eigentum zu Ihrer Eigentumsfläche gelangen können. Ohne eine eigene Zufahrt ist Ihr Eigentum wirtschaftlich nur bedingt nutzbar. Wollten Sie Ihre Immobilie verkaufen, wäre es kaum werthaltig.

Der Notweg wird in § 917 BGB geregelt. Dort heißt es:

Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung Ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.“

Voraussetzungen für ein Notwegerecht

Wünschen Sie ein Notwegerecht, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Ihr eigenes Grundstück hat keine Anbindung an eine öffentliche Straße.
  • Sie sind auf eine Verbindung zur öffentlichen Verkehrsfläche angewiesen, um Ihr Grundstück angemessen benutzen zu können.
  • Sie müssen als Eigentümer des Grundstücks von Ihrem Nachbarn ausdrücklich verlangen, dass er Ihnen ein Notwegerecht bewilligt.

Da die Einräumung eines Notwegerechts einen Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Eigentumsgarantie bedeutet, stellt die Rechtsprechung strenge Anforderungen an ein solches Wegerecht. Sie müssen unbedingt auf ein Notwegerecht angewiesen sein, bevor Sie ein solches Recht verlangen können. Besteht ein anderer ausreichender Zugang zur öffentlichen Straße, kommt ein Notwegerecht nicht in Betracht, auch wenn sich die bestehende Erreichbarkeit für Sie als unbequem oder aufwendig darstellt. Beispiel: Sie müssen eine größere Entfernung zurücklegen, um auf Ihr Grundstück im Berliner Bezirk oder im ländlichen Brandenburg zu gelangen.

Das Notwegerecht des BGB stellt hinsichtlich der „ordnungsgemäßen Benutzung“ in erster Linie auf den Zugang und nicht die Zufahrt ab. Wenn keinerlei Zugangsmöglichkeiten bestehen, erkennt das BGB eine Notlage an.

Anders ist die Situation wiederum, wenn die vorhandene Zufahrtsmöglichkeit nicht ausreicht, um Ihr Eigentum ordnungsgemäß wirtschaftlich zu nutzen.

Beispiel: Die vorhandene Zufahrt ist zu eng, um diese mit einem Fahrzeug zu passieren. Können Sie hingegen mit Ihrem Fahrzeug unmittelbar vor Ihrem Haus parken oder in unmittelbarer Nähe eine Garage anmieten, fehlt es an einer Notlage. Sofern Ihr Grundstück gewerblich genutzt wird und Sie auf ausreichend Zufahrtsmöglichkeiten für Fahrzeuge angewiesen sind, ist die Rechtsprechung zum § 917 BGB großzügiger.

Das Notwegerecht im BGB beinhaltet auch das Notleitungsrecht. Die Gerichte haben zum BGB das Notleitungsrecht quasi parallel zum Notwegerecht entwickelt. Es gibt ergänzend dazu aber auch noch andere Rechte, die Nachbarn geltend machen können. So sind Grundstückseigentümer nach § 40 Brandenburgisches Nachbarschaftsgesetz verpflichtet, Versorgungs- und Abwasserleitungen über ihr Grundstück unter bestimmten Voraussetzungen zu akzeptieren.

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Sie haben kein Selbsthilferecht

Verweigert Ihr Nachbar das Wegerecht, müssen Sie bei Gericht klagen, dass er Ihnen ein Notwegerecht einräumen muss. Sie dürfen keineswegs zur Selbsthilfe greifen und eigenmächtig das Nachbargrundstück betreten oder befahren. Sie benötigen zunächst ein Urteil, das den Eigentümer von dem Nachbargrundstück zur Duldung verpflichtet, und Ihnen ein Recht zur Benutzung einräumt.

Ihr Nachbar braucht Ihnen auch keinen Notweg einzuräumen, wenn Sie Ihre bestehende Zufahrt zum Straßennetz willkürlich beseitigt haben (§ 918 BGB). Typischer Fall ist, dass ein Eigentümer ein Bauwerk errichtet und den bestehenden Zugang zubaut. Gleiches ist anzunehmen, wenn Sie Ihr Grundstück teilen und den Teil mit der öffentlichen Zuwegung verkaufen. Für den verbleibenden Teil, der dann von der Straße abgeschnitten ist, können Sie kein Notwegerecht beanspruchen.

Der § 918 BGB stellt ausdrücklich klar:

Die Verpflichtung zur Duldung des Notwegs tritt nicht ein, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird.“

Herstellungskosten, Unterhaltungskosten und Entschädigung

Steht Ihnen ein Wegerecht zu, tragen Sie die Kosten der Herstellung des Wegerechts. Sie müssen den Notweg auch selbst unterhalten. Zur Unterhaltung gehört auch die Verkehrssicherungspflicht und die Räum- und Streupflicht im Winter. Als Entschädigung dafür, dass Ihr Nachbar das Notwegerecht an seinem Eigentum einräumen muss, verpflichtet Sie das Gesetz zur Zahlung einer Notwegerente beziehungsweise Geldrente. Die Höhe der Geldrente bemisst sich nach der Minderung des Verkehrswertes des Nachbargrundstücks. Im Streitfall muss ein Sachverständiger die Entschädigung beziffern. Geldrenten bringen im Regelfall nur minimale Erträge, im Regelfall werden sie durch eine Einmalzahlung beglichen.

Eintragung in das Grundbuch

Um das Notwegerecht abzusichern, sollte es im Idealfall im Grundbuch in eine Grunddienstbarkeit überführt und eingetragen werden. Eine Grunddienstbarkeit begründet Ihr Recht, von dem jeweiligen Grundstückseigentümer zu verlangen, dass er den eingeräumten Notweg dauerhaft duldet. Verkaufen Sie Ihr Grundstück, profitiert auch der Erwerber vom bestehenden Notwegerecht und braucht es nicht erneut vom Nachbarn einzufordern.

Sie sehen, manchmal ist es nicht so einfach mit dem Immobilienbesitz. Wir stehen Ihnen als Immobilienmakler in Berlin auch in schwierigen Situationen gern als Ansprechpartner zur Verfügung. Scheuen Sie sich nicht uns anzusprechen, wir sind gerne für Sie da.

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8 Meinungen zu “Notwegerecht über das Nachbargrundstück
  1. Thomas de Kiff sagt:

    Kann mir jemand eine Einschätzung zu folgendem Fall geben:
    Ein Grundstück liegt an einer öffentlichen Straße. Auf dem Grundstück befinden sich das Gebäude A und B. Gebäude A ist ein Ferienhaus, das gewerblich vermietet wird. Das Ferienhaus liegt direkt an der öffentlichen Straße. Hinter dem Ferienhaus liegt das Gebäude B, ein Privathaus, das dem Vermieter des Ferienhauses gehört. Die Erschließung erfolgt für beide Häuser über die öffentliche Straße. Um zu dem Privathaus B zu gelangen müssen die Eigentümer des vermieteten Ferienhauses A allerdings über den Innenhof des vermieteten Ferienhauses A fahren. Da es sich um ein Wellness-Ferienhaus handelt (Outdoor-Whirlpool, Kübeldusche, …) und weil der Innenhof zum Ferienhaus gehört, nehmen es die Gäste des Ferienhauses nicht hin, dass die Vermieter den Innenhof als Zugang zu ihrem Privathaus nutzen.
    Deshalb befahren die Eigentümer des Privathauses B einen rückwärtigen Wirtschaftsweg, der im Eigentum der Gemeinde ist. Kann der Eigentümer des Privathauses B nun gegenüber der Gemeinde ein Notwegerecht beanspruchen?

    • Julius Hagen sagt:

      Sehr geehrter Herr de Kiff,

      vielen Dank für Ihre Anfrage. So wie Sie den Fall schildern, scheidet das Notwegerecht als Lösungsmöglichkeit aus. Der hintere Grundstücksteil leidet nicht an einer Notlage. Vielmehr schränkt die Nutzung (Ferienhaus) des vorderen Grundstücksteils (gleicher Eigentümer) die Zufahrtsmöglichkeit für das hintere Gebäude ein. Da der Grundstückseigentümer über beide Teile verfügen kann, scheidet das Notwegerecht aus.

      Vielleicht wäre es ein gangbarer Weg für die rückwärtig genutzte Zufahrt über einen wirtschaftsweg der Gemeinde ein dauerhaftes Recht zu erhalten. Wir gehen davon aus, dass es sich bei diesem Wirtschaftsweg um keine öffentliche Straße handelt und insofern ein Recht zu vereinbaren wäre um diese Zufahrtsmöglichkeit zu sichern.

      Mit dieser kurzen Information hoffen wir Ihnen geholfen zu haben.

    • Julius Hagen sagt:

      Ja, Einnahmen aus welchen Anlässen auch immer, sind bei einer Steuererklärung natürlich anzugeben. Allerdings wird die Höhe der Einnahmen aus der Notwegerente wohl nicht zu einer erdrückenden Steuerlast führen.

  2. Holte, Sören sagt:

    Wenn ich ein Hinterlandgrundstück vorliegen habe, welches nicht direkt an einer öffentliche Straße liegt und dessen einzige Zuwegung über einen Parkplatz erfolgt, habe ich dann eine rechtlich gesicherte Zuwegung ? Der Parkplatz ist zwar Eigentum der Gemeinde, könnte aber ja auch veräußert werden, bzw. durch Umnutzung die Querung des Grundstücks verhindert werden. Ist der Parkplatz nur aufgrund des Gemeindeeigentums als „öffentliche Verkehrsfläche“ anzusehen oder ist die grundbuchliche Eintragung eines Wegerechtes sinnvoller ?

  3. H.P. sagt:

    Ich habe folgenden Fall. Ich habe ein bebautes Grundstück gekauft. Das bestehende Haus soll abgerissen werden für einen Neubau. Die Zufahrt erfolgt über einen Weg der über 2 Grundstücke führt. Im Bebauungsplan von 1969 war dieser Weg als mit Geh- Fahr- und Leitungsrechten zu belastende Fläche ausgewiesen. Der Bebauungsplan ist mittlerweile aufgrund von Formfehlern ungültig. Eine Baulast oder eine Grunddienstbarkeit wurde nicht nachgeholt, somit fehlt die offizielle Erschließung. Kann ich mich hier auf ein Notwegerecht berufen? Eine andere Möglichkeit dieses Grundstück zu erreichen gibt es nicht.
    Vielen Dank

  4. Jürgen Bernd sagt:

    Ich habe folgendes Sachverhalt.
    Ich besitze eine Doppelhaushälfe auf der im Grundbuch eine Grunddienstbarkeit eingetragen ist. Diese bezieht sich auf eine zweites Doppehaus die nur über mein Grundstück zu erreichen ist.
    Vor meinen Haus ist mein Grundstück 6,5 Meter tief und 10,5 Meter breit. Im Grundbuch ist diese Fläche makiert eingetragen. Mein Sohn hat sich jetzt ein Kleinwagen zugelegt, diese Fahrzeug stellt er ab und zu vor unserem Haus ab. Das abgestellte Fahrzeug nimmt als ca. 2 Meter der Grundstückstiefe in Anspruch. Er stellt das Fahrzeug immer so ab, dass die Nachbarn ohne Einschränkungen zu ihrem Grundstück fahren können.
    Meine Nachbarn sind der Meinung, das er das nicht darf, weil die komplette Fläche, die im Grundbuch markiert ist, freibleiben muss und wir nichts auf diese Fläche abstellen dürfte. Aus meiner Sicht ist die Fläche Markiert um anzuzeigen, welcher Bereich zum begehnen und befahren erlaubt ist.
    Kann mir hier jemand weiterhelfen?

  5. Colin sagt:

    Vielen Dank für diesen informativen Text.
    Wie verhält es sich bei zwei Gebäuden auf einem Grundstück die per Sondereigentum verteilt sind? Gebäude A (Einfamilienhaus) in der rückwärtigen Lage nur per Fußweg über mehrere Stufen zu erreichen, steht auf dem selben Grundstück wie Gebäude B (Mehrfamilienhaus). Es handelt sich um ein großes gemeinsames Grundstück welches an einer Straße liegt. Gebäude A inkl. festgelegtem Grundstücksanteil ist in der WEG als Sondereigentum deklariert. Die reguläre Zuwegung erfolgt über den Fußweg mit Stufen (ca. 60 von der Straße entfernt). Um den momentanen Umbau von Gebäude A zu realisieren müsste über das Nachbargrundstück gefahren werden um bis an das Sondereigentum von Gebäude A zu gelangen um Material zu liefern o.ä.

    Fällt dies unter Notwegerecht oder gibt es hier keine Möglichkeit, da das Grundstück an sich (Gebäudeunabhängig) direkt an der Straße liegt?

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